„Dornröschen“-Orgeln im Kirchenkreis Lennep

Diese Seite stellt einige interessante meist historischeaus Kirchenorgeln aus unserem Kirchenkreis Lennep vor. Die beschriebenen Instrumente sind leider aus verschiedenen Gründen über den gottesdienstlichen Betrieb hinaus kaum bekannt, manche sogar stillgelegt.

 

 

 

Ev. Kirche Dahlerau

Dahlerau ist ein Stadtteil von Radevormwald. Die Ortschaft breitet sich an den Hängen der Wupper aus und bietet mit ihren imposanten, ehemals bedeutsamen Fabrikbetrieben eine pittoreske und besuchenswerte Industriekulisse. Die als Denkmal eingetragene, neugotische Evangelische Kirche aus dem Jahr 1894 nimmt diesen Eindruck mit auf.

Einen unerwarteten „Fund“ machte der Autor bei seinem Besuch im Februar 2023: Die Gemeinde besitzt eine originale Orgel von Wilhelm Sauer, Frankfurt/Oder, einem der wichtigsten Orgelbauer der deutschen Romantik. Erbaut wurde das Instrument ca. 1898 als mechanische Kegellade. Das Instrument ist in der Fachwelt vollkommen unbekannt und hat die Zeiten mit nur wenigen Veränderungen überstanden. Als Opus 621 folgt es der 2022 restaurierten und bekannt gewordenen Orgel in Apolda. Auf den ersten Blick als Veränderung sichtbar ist ein erneuerter Pfeifenprospekt, offenbar mussten die Originalpfeifen im Krieg abgegeben werden. Ein Register „Gambe“ wurde womöglich rekonstruiert.

Disposition:

Hauptwerk:
Bordun 16'
Principal 8'
Flûte harmonique 8'
Gedackt 8'
Gamba 8'
Rohrfloete 4'
Octave 4'
Mixtur 4fach

Nebenwerk:
Geigenprincipal 8'
Salicional 8'
Gedackt 8'
Traversflöte 4'
Fugara 4'

Pedal:
Violon 16'
Subbass 16'
Violoncello 8'
Oktavbass 8'

Hückeswagen Johanniskirche

Die Evangelische Kirchengemeinde Hückeswagen besitzt zwei Kirchenbauten, von denen die kleinere, die Johanniskirche, mit einer Orgel der Firma Ibach ausgestattet ist. Das Erbauungsjahr wird mangels Daten auf ungefähr 1860 +/- geschätzt. Das Instrument wurde im letzten Jahrzehnt restauriert.

Wird der Name Ibach heute wohl hauptsächlich mit dem Klavierbau in Verbindung gebracht, so bedeutete der Orgelbau in dem mehrzweigigen Unternehmen ein wichtiges Standbein.

Von zahlreichen Werken dieser Firma sind heute nur noch einige Examplare erhalten geblieben. Gemäß der aktuellen Nutzung der Johanniskirche als Kolumbarium, wird das Instrument hauptsächlich für die musikalische Begleitung von Trauerfeiern benutzt.

Disposition:
Hauptwerk:
Principal 8'
Bordun 16'
Gedackt 8'
Octav 4'
Flaut 4'
Octav 2'
Cornett
Mixtur
Fagott 8'

Nebenwerk:
Lieblich Gedackt 8'
Viola di Gamba 8' (C-H zusammen mit Gedackt)
Salicional 8'
Flaut douce 4'

Pedal:
Subbaß 16'
Violonbaß 8'
Gedacktbaß 8'
Fagott 16'
Calkantenglocke (nur Zug?)
Pedalkoppel

Wermelskirchen – Stadtkirche

Die Orgel der Stadtkirche in Wermelskirchen wurde 2017 mit der Absicht stillgelegt, ab dem Frühjahr 2018 eine zuvor beschlossene Sanierung und Erweiterung durchzuführen. Es kam anders und das Instrument stellt sich bis heute im Jahr 2024 als leerer Gehäusetorso dar.

Im April 2019 wurde ein um einen freistehenden Spieltisch und zusätzliche Gehäuseboxen erweitertes Konzept zu einem sehr interessanten Preis beschlossen. Als es ein Jahr später losgehen sollte, wurde das durch eine inzwischen erfolgte Kostensteigerung vereitelt. Erneut wurde überlegt und im Oktober 2020 zu einem um 30% erhöhten Preis beschlossen. Im Jahr 2024 erfolgte durch ein Bevollmächtigenausschuss der Abschluss des Genehmigungsprozesses. Ein Baubeginn wird gegen Ende des laufenden Jahres erwartet.

WK – Hünger

Der Wermelskirchener Stadtteil Hünger befindet sich gegenüber der Stadt Wermelskirchen jenseits der heutigen Autobahn in Richtung Schloss Burg. Die Kirche Hünger wurde im Jahr 1899 errichtet und mit einer eigenen Pfarrstelle versehen. Die Gemeinde versorgt die Ortsteile Pohlhausen, Osringhausen und das Eschbachtal mit. Der Kirche angeschlossen ist ein heute noch genutzer Friedhof.

Die Pfeifenorgel von Willi Peter ist eines der seltenen, ersten Instrumente des Kölner Betriebes aus dem Jahr 1953. Die Steuerung erfolgt elektropneumatisch, alle Grundstimmen stammen von einem aufgegebenen, romantischen Vorgängerinstrument, die Aliquoten und mindestens das Krummhorn 8′ von Peter. Das Werk befindet sich hinter einer schlicht gestalteten Fassade bestehend aus einem geschlossenen Unterkasten und einem Oberbau aus Stäbchenholz. Der erhaltenswerte, freistehende Spieltisch wurde im Gegensatz zu seinen mutmaßlichen Vorbildern der Firma Compton, London, außerhalb ergonomischer Grundsätze errichtet: Es fehlt ein hinreichender Pedaleinschub. Zurückzuführen ist das wohl auf die verwendeten, langbauenden Schaltkontakte aus der Telefontechnik. Das Instrument ist dadurch kaum virtuos spielbar.

WK – Unterburg

Nach dem schrecklichen Hochwasser im Jahr 2021 wurde die großteils historische Pfeifenorgel ausgebaut und bei einem Orgelhändler eingelagert. Der Kantorenkonvent des Kirchenkreises hatte sich für einen Erhalt und die Nutzung des Instrumentes ausgesprochen, die Verantwortlichen haben sich anders entschieden. Behördlichen Auflagen folgend muss das Instrument wieder zusammengebaut werden. Eine Wiederspielbarmachung ist nicht vorgesehen.

Evangelisch Lutherische Kirche in Remlingrade

Die Evangelisch Lutherische Kirche in Remlingrade wurde 1744 errichtet. Die verfügt über die regional typische Ausstattung mit einer Altar-Kanzel-Orgelanlage.

Die Gemeinde besitzt ein, gemessen an der kleinen Kirche, reich ausgestattetes Instrument mit französisch barock orientierter Ausrichtung, was einen interessanten Farbtupfer in der Bergischen Orgellandschaft erzeugt. Das Instrument wurde von Stefan Schumacher, Eupen, Belgien, gegen Ende des 20. Jahrhunderts neu erbaut. Das Instrument wird zur Zeit fast ausschließlich gottesdienstlich genutzt.

Disposition
Hauptwerk:

Montre 8'
Flute a cheminee 8'
Prestant 4'
Doublette 2'
Cornet
Fourniture
Cymbale
Vox humaine 8
Trompette 8'(B/D)
Clairon 4'

Positif:
Bourdon 8'
Quintaton 8'
Prestant 4
Flute traversière 4'
Nazard 2 2/3'
Quarte 2'
Tierce 1 3/5'
Fourniture

Pédale:
Soubasse 16'
Flûte 8'
Prestant 4'
Trompette 8'

 

Evangelisch Reformierte Kirche Radevormwald

Ein besonderes Instrument aus dem Spätbarock bzw. der Frühromantik finden wir in Radevormwald. Die Orgel wurde 1826 von dem Bergischen Orgelbauer Christian Roetzel errichtet und zuletzt 1990 von der Firma Freiburger Orgelbau unter Hartwig Späth rekonstruiert und restauriert. Nach meinem Wissen ist es eines der größten und am besten erhaltene Werk seines Erbauers.

Ungewöhnlich für eine Reformierte Kirche ist die große Disposition, die weit mehr musikalische Möglichkeiten eröffnet, als für das bloße Begleiten von Psalmliedern „nötig“ gewesen wären. Leider sind 1990 die Versuche, die sehr schwergängige Traktur mit Hilfe von Vorventilen in den Griff zu bekommen, nicht hinreichend gelungen. Die Traktur ist zäh, schwergängig und vor allem sehr ungleich, was einer gesundheitlich zuträglichen Nutzung entgegensteht.

Disposition:

Hauptwerk:
Principal 8'
Bourdon 16'
Flute d'amour 8'
Bourdon 8'
Viola di Gamba 8'
Octava 4'
Gedac 4'
Super Octava 2'
Tertie 1 3/5'
Mixtur 2f. 2'
Fagott-Bass 16'
Trompett-Discant 8
Trompett-Bass 8'

Unterwerk:
Gedac (sic!) 8'
Viola die Gamba in Discant 8'
Flöt travers 4'
Flageolett 2'
Vox humana 8'

Pedal:
Subbass 16'
Violonbass 8'
Offenbass 8'
Bassetto 4'
Posaune 16'

Tremulant,
Drei Tritte:
Koppel Hauptwerk/Pedal, FORTE, PIANO





 

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