Weihnachtsoratorium im Advent 2012

Besonders schöner Einstieg

Von Thomas Wintgen (Quelle: www.rga-online.de vom 18.12.2012)

Das „Philharmonische Orchester Bergisches Land“ stimmte gerade die herrliche Hirtensinfonie an, als Evangelist Wolfgang Klose aus der Kirche eilte. Das entpuppte sich zum Glück nicht als Ausfall Nr. 4, sondern als „Kurztherapie“ mit sofortiger Genesung. Waren doch aus gesundheitlichen Gründen schon ersetzt worden Eva Budde und zwei Instrumentalisten.

Für Eva Budde sprang Katharina Leyhe ein, in Karlsruhe und Köln ausgebildet und seit 1995 diplomiert. Der Sopran hat vornehmlich im Duett zu tun sowie – in der „Echo-Arie“ – im vierten Teil, den es am Sonntag als Abschieds-Dreingabe von Johannes Meyer zu hören gab.

Das Basso continuo war auch hier ein absolut stabiles Fundament für gerade hier hoch hinaufsteigende Aufgaben für die sichere Sopranistin. Auch im „Herr, dein Mitleid“-Duett mit dem Bass, wo es zu besonders schönen Momenten kam, hatten die Oboen (z.T. damore) ein gerüttelt Maß Anteil daran.

„Schlafe, mein Liebster“ war für mich die schönste Alt-Arie sieben Jahre nach der letzten Aufführung des Weihnachtsoratoriums. Esther Borghorst gerieten ebenso weiche wie punktgenaue Oktavsprünge und wunderbare Bögen im Zusammenspiel mit der Soloflöte.

Wunderbare Bögen im
Zusammenspiel mit der Soloflöte

Bassist Thomas Stiefeling gefiel mir neben den (Sopran-) Duetten am besten bei „Er ist auf Erden kommen arm“ sowie in den Rezitativen. Wie schön, dass es Usus ist, Intervalle auch als Sekundschritte darzustellen. Das hilft bei der Intonation.

Der Tenor Wolfgang Klose sang sich zunächst frei; er hatte in den teilweise extrem kurzen Rezitativen wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen, lieferte die gleichwohl blitzsauber ab. In der kniffligen „Frohe-Hirten“-Arie machte er das Meisterstück des Abends und krönte es mit einem selten perfekten Triller (Takt 33). Aber auch die „Ich-will-nur-dir-zu-Ehren-leben“-Arie konnte sich hören lassen.

Die Kantorei machte auch ein Meisterstück. Es gab – von einem verpatzten Tenor-Einsatz abgesehen – keine hörbaren Ausfälle, sondern immer wieder Gelegenheit zu anerkennendem Beifall, auch und gerade im erstaunlich kräftigen Tenor.

Der Chor „Ehre sei Gott in der Höhe“ sei als Beispiel für Chorkultur genannt, weil hier sehr sichere und weiche Intervalle gerieten und eine beachtliche Konsequenz und Fähigkeit der Differenzierung zwischen Legato und Portato. Kommt noch die Kondition hinzu, beispielhaft beim „Wohlgefallen“ (ab Takt 32).

Meyer hinterlässt eine Kantorei
von beachtlichem Format

Insofern sind wir auch schnell beim Kantor, der das alles bravourös einstudiert und geleitet , und der sich mit dem Weihnachtsoratorium (Pfarrer Ulrich Seng: „Immer wieder ein schöner Einstieg ins Weihnachtsfest“) chorisch von Wermelskirchen verabschiedet und am 2. Weihnachtsfeiertag auch an der Orgel.

Die Sänger der Kantorei ließen es sich nicht nehmen, sich unter großem Applaus der gut gefüllten Stadtkirche in langer Reihe von ihm mit je einer Rose zu verabschieden. Johannes Meyer hinterlässt mit der Kantorei – wie Vorgängerin Martha Löhe – ein wohlbestelltes kulturelles Feld, mit dem sich arbeiten lässt. Die Gemeinde habe indes „großen Respekt“, sagte Seng, dass Johannes Meyer noch einmal einen Neuanfang wage.

Dankbarer Beifall galt aber auch den Instrumentalisten, die schon den Eingangschor herrlich leicht und dennoch festlich angestimmt hatten, und in den Trompeten rein lokal besetzt waren. Meisterlich solide die basso-continuo-Gruppe; herrlich die Hörner, großartig insbesondere das erste Geigen-Pult (besonders fein in der „Schließe-mein-Herze“-Arie). Es wird – womöglich wieder sieben Jahre – gerne in Erinnerung bleiben, dieses schöne Weihnachtsoratorium. Auf dass die Kantor-Position alsbald adäquat besetzt werden möge.

 

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