Schottland in der Wiener Klassik – dieses Konzert in der Stadtkirche war mal etwas Besonderes und begeisterte die Besucher.
Wiener Klassiker bearbeiten schottische und irische Volkslieder: Gegensätzlicher scheint es auf dem ersten Blick nicht zu sein. Sachertorte zu Irish Stew und behaarte Männerwaden mit kniekurzem kariertem Rock zu weißer Perücke und Pudernäschen? Schwer vorstellbar. Doch Musik kennt keine Grenzen.
Es lag also Spannung in der Luft, als in der Evangelischen Stadtkirche das Quartett unter der Führung von Professor Harald Hoeren (Hammerklavier) sein Konzert „Schottland in der Wiener Klassik“ begann. Dass Joseph Haydn (1732 – 1809), Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) und andere Klassiker wie Leopold Koeluh (1747 – 1818) sich schottischen und irischen Volksliedern gewidmet hatten, ist vermutlich nicht allgemein bekannt.
Was würden also Hoeren zusammen mit Elisa Rabanus (Sopran), Annette Wehnert (Violine) und Imola Gombos (Violoncello) zu Gehör bringen? Schottische Sauflieder im Klassikgewand? „Whiskey in the Jar“ zu halbvollen Guinness-Krug? Natürlich nicht, gleichwohl klang die gespielte und gesungene Musik erfrischend ungewohnt und machte neugierig auf mehr.
Wehnerts einfühlsame Violine trug sanft Rabanus‘ engelsgleichen Sopran in die luftige Höhe der Kirche. So, als schwebte er über allem wie zarte Sonnenstrahlen über windiges, schottisches Hochland. Gombos‘ Violoncello lieferte dazu das melodiöse, kräftige Fundament und auch Hoerens Hammerklavier (aufgrund seiner Bauweise nicht der umgangssprachliche „Hammer“, sondern eher dezent) fuhr Haydn nicht durch die Perücke und zerzauste sie, sondern bekleidete alles mit klassischen bodenlangen Röcken und Mäntel: keltische Volkslieder mal ganz anders.
Einige Melodien waren sogar durchaus zum behutsamen Mitsingen geeignet. Schön wäre es gewesen, wenn zumindest ein oder zwei Texte der Lieder mit Übersetzung im Programmheft abgedruckt gewesen wären. Es wäre sicherlich ein doppeltes Vergnügen für alle der begeistert interessierten Besucher gewesen, hätten sie mitbekommen, was und wer besungen wurde. Vermutlich hätte eine kurze Einführung zu jedem Lied schon gereicht. Der musikalische Genuss blieb davon gleichwohl auf jeden Fall unberührt. Das zeigte der heftige Beifall. Und „Whiskey in the Jar“ vermisste wahrscheinlich nur der Rezensent.
Quelle:
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/wermelskirchen/keltische-volkslieder-mal-anders-aid-1.7305490