Rheinische Post / Bergische Morgenpost am 15.11.2016 (von Bernd Geisler)
Wermelskirchen. Kantor Andreas Pumpa und die Kantorei Wermelskirchen scheinen mit anspruchsvollen musikalischen Werken auf Du und Du zu stehen. Ihr Engagement, auch nicht Alltägliches in der Evangelischen Stadtkirche zu Gehör zu bringen, verdient Bewunderung.
Im Frühjahr begannen die Proben zum Konzert am Samstag. Schon das Lesen des Programmheftes bereitete Vergnügen und versprach Abwechslung: „Wie der Hirsch schreit“ – Psalm 42 von Felix Mendelssohn Bartholdy, die Humoreske für Violine und Orchester Opus 89 Nr. 4 g-moll von Jean Sibelius und als Höhepunkt die „Messa Di Gloria“ von Giacomo Puccini. Spannung lag in der Luft des vollen Kirchenschiffs, als der Chor der Evangelischen Kirchengemeinde und das Neue Rheinische Kammerorchester Köln sowie die Solisten Veronika Madler (Sopran), Johannes Klüser (Tenor) und Harald Martini (Bariton) ihre Positionen einnahmen. Wer je einen Hirsch hat röhren hören, hatte sich nach Lesen der ersten Zeile des abgedruckten Psalms 42: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu Dir“ auf Dramatik pur eingestellt. Doch was immer auch der Komponist als Musik eines schreienden Hirsches im Ohr hatte – die Musik glitt unerwartet flehend dahin wie das weiche, frische Wasser einer zarten Waldquelle: tief berührend und besänftigend.
Schmachtende, statt zum Himmel schreiende Sehnsucht prägt das gesamte Stück. Chor und Sopran (Madler) verbanden sich zu einem harmonischen Ganzen, das schließlich doch noch im donnernden Schluss die unerschütterliche Zuversicht des Psalmisten zum Ausdruck brachte. Da kam anschließend die Humoreske des Orchesters mit dem Solisten Albert Rundel an der Violine als fein gesponnener, instrumentaler, kurzer Übergang gerade recht, um die Ohren für „Messa Di Gloria“ wieder auf Anfang zu stellen.
Diese Musik Puccinis mit wunderschönen Melodien („zum Mitsingen wie bei Verdis Gefangenenchor“, sagte Tenor Johannes Klüser nach dem Konzert) schlug wie auf Kommando alle in ihren Bann. Puccini schmückte sein Werk mit weltlichem Opernglanz, schmunzelnder Raffinesse und glänzendem Jubel – faszinierende Momente an jeder Ecke. Die Aufführung beachtete diese Merkmale mit klanglicher Präsenz und rhythmischer Präzision. An Dynamik fehlte es nicht. Gleich zu Anfang stieg der Chor mit unglaublich empathischem Gefühl in die verträumte Stimmung des Vorspiels der Streicher ein. Es war der Beginn eines insgesamt großartigen homogenen Klangerlebnisses von Chor, Orchester und Solisten. Inbrunst, Feingefühl, Spiritualität und operngleiche Ästhetik regierten. Die Besucher reagierten überwältigt. Die Zugabe lieferte noch einmal das „Agnus Dei“ – die Leute konnten anscheinend davon nicht genug bekommen.